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Frische Fahrt von Joseph von Eichendorff mit dem ICE durch Windindustrieanlagen |
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Plötzlich im globalen Stau: Corona und das Ende der Mobilität nach der Moderne Corona hat unser Leben radikal verlangsamt. Seit 1500 begeben sich europäische Männer auf Entdeckungsreisen in die Welt. Die Mobilitätsidee öffnete neuen Welten. Ohne diese Idee hätte es den Massentourismus des 20. Jahrhunderts vermutlich nie gegeben. Die Welt ist entdeckt, zerdacht (siehe Gottfried Benn in seinem Gedicht „Verlorenes Ich“) und bereist. Im 19. Jahrhundert war Reisen der Aristokratie vorbehalten: Die Sinne des Reisenden wurden umfassend bedient: Köstliche Speisen, fremde Blicke, nie gehörte Töne und neue Denkmuster waren verlockend. Der moderne Tourist erlebt die dramatischen Folgen der Klimaerhitzung und das Abschmelzen der weltweiten Gletscher und die Flucht vor schlechten Lebensbedingungen oder kriegerischen Konflikten in den Heimatländern. Derweil beginnen sich die europäischen Länder zu dekolonisieren und auf den Klimawandel einzustellen. Darin liegt die Chance des globalen Staus: Der Staat, die Gesellschaft und die Wirtschaft müssen neu gedacht werden: Der Nationalstaat stützt die Wirtschaft in der Krise. Doch der Eingriff ist mit Vorsicht zu betrachten, denn der Staat ist mit der umfassenden Intervention ebenso überfordert wie mit der Hoffnung, das Virus unter Kontrolle bringen. Doch Wirtschaft und Virus sind globalisiert. Hier muss der Diskurs beginnen. Reisen heute ist bestimmt durch die Fortbewegungsmittel, durch Pandemien, durch die Reisezwecke und durch die Reisebegleiter Seit der Coronapandemie und seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ist dem Reisen seine Unbeschwertheit genommen worden. Reisen ist mit der Befürchtung von Infektionen und Terrorangst verbunden. Das ist jedoch keine neue Erkenntnis: Mit Beginn des kolonialen Reisens waren große Pandemien verbunden: Die Kolonialzeit begann mit Siedlungen der spanischen Krone in Nordamerika. Durch die eingeführten Krankheiten der Europäer waren die indigenen Völker so stark dezimiert worden, dass sie kaum Widerstand gegen die Besiedlung leisteten. Klaus Theweleit beschreibt in seinem Buch Pocahontas in Wonderland, dass die Indigenen nicht durch Feuerwaffen, sondern vor allem durch Haustierviren starben. Nine Eleven ist durch die Coronapandemie noch einmal in der Wirkung auf das Reisen übertroffen worden. Viren und die Unterwerfung, Vertreibung oder Ermordung der ansässigen Bevölkerung durch eine Kolonialherren bestimmen das koloniale Reisen. „Und warum an den Haustierviren? Weil es eine Haustierdomestikation in den Amerikas nicht gegeben hat. Weil dort nach der letzten Eiszeit so gut wie keine Tiere überlebten, nur Lama und Hund hatten überlebt. Alles andere, auch die Pferde, Schweine, Hühner und so weiter, kommt über Europäer in die Amerikas und bringt dort die Indigenen um – und zwar zu 95 Prozent. Und nicht nur eine Million, wie immer mal beschönigend gesagt wurde, sondern mindestens 20 Millionen Tote, durch Viren getötet. Da kommen die anderen Sachen dazu, die Schiffe, die Waffen und so weiter – aber das ist der Hauptgrund. Und dann habe ich mich von dieser Frage ein bisschen entfernt und einen neuen, weiteren Untertitel gemacht: Technologiegeschichte der eurasisch-amerikanischen Kolonialismen.“ ( Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/theweleits-weltkulturgeschichte-der-kolonisation-pocahontas.1270.de.html?dram:article_id=480946 ) Klaus Theweleit: „Pocahontas in Wonderland“ (Band I)Matthes & Seitz, Berlin 2020744 Seiten, 44 Euro Expats möchten nichts mit Touristen zu tun haben. Backpacker und Weltreisende meiden Pauschaltouristen. Individualtouristen kultivieren ihre Zuschreibungen, dass der Pauschaltourist "übergewichtig” oder "prekariatsnah” sei. Reisen ist schon kompliziert heute. Ich starte meine Beobachtungen mit einem Kreuzfahrtschiff im Hafen vor Mallorca: Heuschrecken legen Heuschreckeneier. Die Larven schlüpfen meist im Frühjahr. Das habe ich am 16. Februar 2016 auf den Balearen beobachtet... Heute lagen die Costa Diadema für fast 5000 Gäste und ein kleineres Kreuzfahrtschiff der italienischen Costa-Reederei mit "nur" 3000 Passagieren vor Palma de Mallorca. Die sonst gegen touristische Anfechtungen recht souveräne Altstadt erlebt die Invasion der Kreuzfahrer wie die Pest: Wenn die Landausflügler zurück sind zum Abendbüffet, schließen die Geschäfte. Die Schiffe verlassen umgehend den Hafen, um die Gebühren zu sparen. Das ist zwar im Angesicht der Weltlage nur ein Problemchen für die Gegenwart, wer jedoch die Zerstörung der Städte wie z.B. auch Tallinns durch diese riesigen Kreuzfahrtschiffe erlebt, weiß, dass diese schwimmenden Kleinstädte der sog. Dream-Klasse wahre Albträume für noch vorhandene kleinräumige Küstenstadtkulturen sind! Diese Heuschreckenindustrie ist kulturzerstörend wie kaum eine touristische voher! Die Costa Diadema hat 2014 550 Millionen Euro gekostet, von Heuchrecken finanziert. Und Heuschrecken können halt nur Heuschrecken erzeugen, arme Küstenstädte... Zudem stößt ein Kreuzfahrtschiff pro Tag so viele Schadstoffe aus wie fünf Millionen Autos. Die 15 größten Seeschiffe der Welt erzeugen jährlich mehr schädliche Schwefeloxide aus als sämtliche 760 Millionen Autos weltweit.Die 27 deutschen Kreuzfahrtschiffe sind 2016 ausgeflaggt. Auf den Schiffen machten 1,8 Mio. Gäste Urlaub. Weltweit sind derzeit 23 Mio. Urlauber auf Kreuzfahrtschiffen unterwegs. Auf europäischen Werften werden bis 2019 48 neue Kreuzfahrtschiffe gebaut. TUI Cruises hat seinen Hauptsitz in Hamburg, doch die Mein-Schiff-Flotte ist wegen der überschaubaren Gebühren in Malta registriert. Nach Berechnungen der ZEIT zahlt die gesamte Mein-Schiff-Flotte dort pro Jahr weniger als 50.000 Euro Steuern. Dagegen steht ein Umsatz von 435 Mio. Euro (2014). Zudem lassen sich problemos Nicht-EU-Bürger wie Arbeiter aus Indonesien und den Phillipinen bekommen, die rund 330 Euro Monatslohn erhalten. Tischabräumer verdienen auf Mein Schiff 2 knapp 700 Euro, dafür müssen sie pro Woche bis zu 56 Stunden arbeiten, das ergibt einen Stundenlohn von 2,40 Euro. |
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